Hochbegabte gibt es zu Tausenden – trotzdem fehlt es an der Förderung
Auch der VDI bemerkte in seinen Nachrichten vom 25.11.05, den Überfliegern fehlen die Anlaufstellen: Der Jüngste ist fünfzehn, die anderen sind im Durchschnitt zwei Jahre älter. Gegenwärtig studieren annähernd 30 hochbegabte Schüler nebenher an der Technischen Universität Dresden, vor allem Mathematik, Physik, Informatik, E-Technik. Bei der Terminplanung, fachlichen Nachfragen und der sozialen Einbindung dieser „Schülerstudenten“ in die Universität helfen eine wissenschaftliche Hilfskraft und acht studentische Mentoren. Ähnliche Projekte gibt es in Aachen, Hannover, Kaiserslautern und Karlsruhe, aber noch längst nicht an allen ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten Universitäten. Das geht aus einer bundesweiten Übersicht hervor, die die Telekom-Stiftung jüngst auf einer Expertentagung in Bonn vorstellte. Die Stiftung ist Sponsorin dieser „Schüler-Unis“ und sucht weitre Hochschulpartner. Die Gesamtzahl der Schülerstudenten an allen Hochschulen liegt bundesweit bei 750. Eine für Experten erschreckend niedrige Quote. Studiendirektor Rolf Theil vom Kölner Rhein-Gymnasium macht das an einem Rechenexempel klar: Im Einzugsgebiet der Domstadt gibt es 80 Gymnasien mit 80.000 Schülern. „Nach schulpsychologischen Untersuchungen sind mindestens 3 % und höchstens 6 % davon reif für ein Frühstudium“, urteilt Theil. 3 % bedeuten 2400 Kandidaten. „Davon versacken die meisten in der Langeweile, die unerkannten „Underachiever“ oder „Minderleister“. 1000 haben den richtigen Drive, aber nur 500 leben nahe genug an der Hochschule, die Hälfte davon zeigt sich zuerst interessiert und schließlich melden sich 100 zum Studium an“, weniger als 5 % von allen. „Hauptverantwortlich sind wir Lehrer“, bemerkt Theil selbstkritisch. „Die Professoren können die Besten bei uns ja nicht abwerben, wir müssen sie ihnen melden.“ Zwar nennen nach der Telekom-Erhebung fast alle beteiligten Universitäten Anlaufstellen und Ansprechpartner für das Frühstudium, aber nur jede zweite hat auch Kontaktpersonen auf der Schulseite. So beruht der Zugang zur Schüler-Universität weitgehend noch auf Zufall, Mundpropaganda und viel persönlicher Eigeninitiative von Interessenten. Ein weithin ungelöstes Förderproblem sind die Entfernungen. Die Telekom-Stiftung springt für Fahrtkosten ein, kann aber nicht die Zeitgrenzen überwinden. Die Universität Kaiserslautern bietet deshalb ein Grundstudium in Mathematik und Physik über Internet, für 100 Euro Studiengebühren pro Semester. Vorgeschaltet ist eine Aufnahmeprüfung für Bewerber aus ganz Deutschland. Eine Chance auch für Hochbegabte aus hochschulfernen Gegenden mit müdem Schulklima.
apriori - 2. Dez, 10:08 - Schule